Salzlandkreis ehrt leidenschaftliche Kulturbewahrer und -weitergeber. „Saitenspiel“ und Karin Keller ausgezeichnet.
Schönebeck/Bernburg. Das diesjährige Frühlingskonzert der Kreismusikschule am Sonntagnachmittag im Tolberg-Saal war mit der Auszeichnung der Jahresbesten 2025 als Höhepunkt für die Schülerinnen und Schüler des Standorts Schönebeck angekündigt. Es wurde ein Höhepunkt für die Kulturlandschaft des Salzlandkreises.
„Ihr habt uns wieder viel Freude bereitet, frisch wie der Frühling und künstlerisch vielfältig wie die Arbeit in der Kreismusikschule, mit großem Engagement all derjenigen, die sie unterstützen und sich auch im Ehrenamt für unsere Kultur einsetzen. Ein perfekter Rahmen!“ Fachdienstleiterin Gunhild Watermann überraschte nach den ersten Frühlingsklängen Akteure und Publikum. Vor versammelter Runde verkündete und ehrte sie im Auftrag und mit besten Grüßen von Landrat Markus Bauer die Kulturpreisträger 2024 des Salzlandkreises: das Streichorchester „Saitenspiel“ der Kreismusikschule am Standort Schönebeck unter Leitung von Susanne Reichel-Visontay und Karin Keller aus Barby, Vorsitzende des Burg- und Heimatvereins Klein Rosenburg.
Satzungsgemäß saß die Kulturpreis-Jury Ende des Jahres über den eingereichten Vorschlägen von Einzelpersonen, Künstlern und Vereinen im Kreis und musste entscheiden. Sie war einhellig zum Ergebnis gekommen, den Preis zu teilen und an zwei Nominierte zu geben. Bis zu diesem Frühlingssonntag drang nichts nach draußen, bis Gunhild Watermann den Preis und die Urkunden überreichte.
„Glückwunsch und Dankeschön von allen, denen die regionale Kultur und Geschichte und unterschiedliche kulturelle Angebote vor Ort am Herzen liegen. Ihr Einsatz ist außerordentlich, ein Gewinn“, sagte die auch für die Kreismusikschule zuständige Fachdienstleiterin mit herzlichen Worten, gerichtet an die neuen Kulturpreisträger – an Susanne Reichel-Visontay und das Streichorchester „Saitenspiel“ sowie an Karin Keller, die unter anderem auch als „die Weiße Frau von der Gruselei“ bekannt ist, eine regionale Sagen-Figur, nicht nur in Klein-Rosenburg.
Weiteren Dank gab es ebenso für die überzeugend begründeten Vorschläge und für die gesamte Vorbereitung der Preisvergabe mit vielen Unterstützern, bis hin zum Frühlingskonzert der Kreismusikschule in Schönebeck unter Leiterin Sandra Preuß.
„Wir sehen immer wieder, wie besonders Engagierte in ihrem Feld auch andere Menschen inspirieren. Sie zeigen, was die Region hat und was sie kann. Sie bringen die Salzländer weiter zusammen und verdienen besondere Wertschätzung. Unser Kulturpreis drückt genau diese Wertschätzung öffentlich aus“, sagt Landrat Markus Bauer. Seit 2013 ehrt der Salzlandkreis das Engagement von Menschen, die die Kultur erhalten und bewahren, mit einem eigenen Kulturpreis. Inzwischen gibt es insgesamt 19 Preisträger. Der nächste Kulturpreis des Salzlandkreises wird 2026 vergeben.
Die Kulturpreisträger 2024 des Salzlandkreises - Laudationen
► Streichorchester „Saitenspiel“
(Auszeichnung auf Vorschlag von Katrin Mauer, Vorsitzende Förderverein „Freunde der Kreismusikschule Schönebeck")
Beim Jubiläumskonzert im vergangenen September gab es von Vivaldi bis James Bond alles zu hören, praktisch ein „Best of“ aus dem Programm von „Saitenspiel“. Heute - 20 Jahre und siebeneinhalb Monate nach dem ersten Auftritt des Streichorchesters an der Kreismusikschule in Schönebeck unter Leitung von Susanne Reichel-Visontay – haben wir sie wieder erlebt und ihre Musikdarbietungen genossen.
Von Anfang an gehören tolle Musiker, Abwechslung und Spenden zum Standardprogramm. Was als kleine Gruppen aus fünf Geigerinnen begann, ist zu einem Streichorchester gewachsen mit bis zu 35 Musikern und mehr. Eines verbindet alle seine Mitglieder: ihre musikalische Laufbahn begann in der Kreismusikschule bei uns in Schönebeck. 2004 wurde das Streichorchester „Saitenspiel“ von Susanne Reichel-Visontay und Alexandru Apolzan gegründet. Einer der ersten Auftritte der fünf jungen Geigerinnen war damals mit kleinen Kanons und Stücken wie „Bruder Jakob“ im Pflegeheim Magdalenenhof in Schönebeck. Mehr und mehr Schülerinnen und Schüler kamen in den Folgejahren hinzu, zuerst Cellistinnen, 2014 auch Bratschen und Kontrabässe. Seit 2014 ist Charly Kunchev der Co-Leiter des Orchesters. Seine Mitglieder sind mehrfache Preisträger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ auf Regional- und Landesebene. Das Orchester ist Träger des Jugendkulturpreises Sachsen-Anhalt. Es besteht in wechselnden Besetzungen aus 25 bis 35 Mitgliedern. Die Schülerinnen und Schüler kommen aus Schönebeck, Calbe, Bernburg, Aschersleben, Staßfurt und Magdeburg.
Seit 2008 wurde jährlich ein großes Konzert veranstaltet. Die Konzerte sind mehr als das Konzert selbst. Das war in den vergangenen 20 Jahren so und soll auch so bleiben - grundsätzlich mit Benefiz-Charakter, beispielsweise zugunsten
von Erdbebenopfern in Haiti, der Kinder-Palliativ-Station der Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg, Betroffener des Hochwassers in Sachsen-Anhalt 2013, mehrfach für die Human-WG der Bürgerstiftung Salzland oder für sozial benachteiligte Kinder, die durch den Konzerterlös ins Ferienlager Plötzky fahren konnten. Zwischen 1.500 und 6.000 Euro kamen dabei jeweils zusammen. Dafür haben sich die Schüler bei Wochenendproben immer mit viel Hingabe und Elan vorbereitet, trotz großer schulischer Belastung. Ihre Eltern engagierten sich bei der Organisation rund um die Proben und die Konzerte mit Fahrdiensten, kümmerten sich um das leibliche Wohl. Die sogenannten Feenküsse, die eine Mutter backte, sind so etwas wie ein Markenzeichen geworden. Bei den letzten drei Benefizkonzerten wurden Feenküsse meistbietend verkauft und trugen zum Konzerterlös bei.
In Vorbereitung und Durchführung der Konzerte arbeitete das Orchester zusammen mit der Zinzendorf-Schule Gnadau, dem Chor des Dr.-Carl-Hermann-Gymnasiums, mit dem Dr.-Frank-Gymnasium Staßfurt, dem Jugendblasorchester Staßfurt, der Band Peggy Zoo, mit Sprecher und Schauspieler Ingo Hetsch und mit der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie. Auf diese Weise wurden Kulturinstitutionen des gesamten Salzlandkreises einbezogen und vernetzt. Durch die Zusammenarbeit mit „BelaBrass“, dem Bläser-Ensemble der Musikschule des Salzlandkreises, gelangte das Orchester selbst zu neuer Größe, zu umfangreicheren Werken und größerer Strahlkraft. Seit 2008 spielten auch Schüler des Schlagzeug-Ensembles des Schönebecker Standorts mit. „Saitenspiel“ bringt mit Musik zusammen.
Die meisten der ehemaligen Mitglieder bleiben dem Orchester treu und spielen bei großen Auftritten mit. Die Ehemaligen verbreiten inzwischen in ganz Deutschland den Gedanken des gemeinsamen Musizierens und der positiven Wirkung auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Sie sind Botschafter für den Salzlandkreis und sie kommen gern in ihre Heimat zurück. Dafür sagen wir in der Region Danke. Das Orchester „Saitenspiel“ unter Leitung von Susanne Reichel-Visontay ist ein Gemeinschaftsprojekt und kann nur durch viele Helfer realisiert werden. Dazu zählen die Musiker, die Lehrer, aber auch die Eltern, die die Konzerte zu einem tollen Ereignis machen.
Konzerte (Liste)
► Karin Keller
(Auszeichnung nach Vorschlägen von Frank Sieweck, Barbyer Heimatfreunde e.V., Anita Bader, MKP sowie des Fördervereins der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie SBK)
Überall, wo in unserer Vereinslandschaft zwischen Elbe, Saale und Bode Kulturarbeit passiert, ist auch sie!
In der Einheitsgemeinde Stadt Barby ist sie bekannt als „die weiße Frau von der Gruselei“. Mit Leib und Seele verkörpert sie diese regionale Sagen-Figur – nicht nur auf „ihrer“ Burg. Karin Keller setzt sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich als Vorsitzende des Burg- und Heimatvereins Klein Rosenburg mit ihren Mitstreitern für den Erhalt und die Belebung der historischen Anlagen der Rosenburg ein – mit Blut, Schweiß, gewiss mancher Träne und einem schier unerschöpflichen Optimismus. Sie und ihre Vereinsmitstreiter betreuen ein kleines Museum auf dem Burggelände, entwickeln den Ort als touristische und kulturelle Begegnungsstätte im Salzlandkreis. Seit 2019 ist die Burg eine Spielstätte der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie und inzwischen auch für das Festival „Klänge im Raum“. Karin und ihren Mitstreitern gelang es, beim Musikfest die Premiere von „Dixieland nonstop“ auf die Burg zu holen. Die Neuauflage ist ein fester Bestandteil im Veranstaltungskalender. Karin Keller gelingt es immer wieder, ihre optimistische Grundeinstellung wie einen Funken auf andere zu übertragen und so ein Begeisterungs-Feuer zum Mittun zu entfachen. Weiteres Beispiel: der Salzlandradeltag 2024. Karin Keller und ihre Mitstreiter haben es geschafft, hunderte Menschen aus dem ganzen Salzlandkreis nicht nur auf die Burg zu locken, weil das eben der zentrale Zielort war, sondern auch deren Herzen zu öffnen für ein kulturhistorisches Kleinod.
Traditionen zu pflegen, bedeutet für Karin Keller nicht die Bewahrung der Asche – in Form der vorhandenen Bausubstanz, sondern die Weitergabe des Feuers mit immer neuen Ideen. Walpurgisnacht, Irish-Folk-Abend, Serenadenkonzert der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie, Burgweihnacht – alles Veranstaltungen, die sich mittlerweile auf der Burg etabliert haben und einen Ruf weit über die Gemeindegrenzen hinaus genießen. Dabei ist für Karin Keller stets die Vernetzung mit anderen Vereinen und Institutionen ein wesentliches Anliegen. „Wir können uns doch nur gemeinsam positiv entwickeln“, sagte sie beispielsweise nicht nur einmal zu Frank Sieweck. Und dieses „gemeinsam“ steckt an, meint der Vorsitzende der Barbyer Heimatfreunde e.V.. „Ihre Begeisterung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit ist ansteckend, mitreißend und absolut unwiderstehlich. Jeder Auftritt des Orchesters auf der Burg fühlt sich mittlerweile wie ein Nach-Hause-Kommen für uns an“, lobt Anita Bader für die Kammerphilharmonie die Zusammenarbeit. „Karin Kellers Engagement ist ansteckend und wegweisend“, fasst auch der Förderverein der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie zusammen. Alle drei Wortmeldungen haben gesondert, aber mit gleichem Tenor und überzeugend einen Vorschlag zur Ehrung eingereicht.
Als hätte Karin Keller mit „ihrer“ Burg, den Veranstaltungen und dem gesamten „Drum und Dran“ sowie beinahe „nebenbei“ ihrer Selbstständigkeit nicht schon genug zu tun, engagiert sie sich noch auf vielen weiteren Ebenen. Förderverein der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie? Karin ist dabei. Und auch hier nicht einfach nur als zahlendes Mitglied, sondern eine der fleißigsten und umtriebigsten Mitstreiterinnen. Immer ist sie bereit, den Einlass- oder Garderobendienst zu den Konzerten zu übernehmen. Während des Operettensommers betreut sie fast durchgängig den Informationsstand des Fördervereins auf dem Bierer Berg. „Plakate und Flyer, die kann ich doch schnell noch verteilen“, hört man vor ihr nicht nur einmal. Das Krippenspiel zur Weihnachtszeit in Groß Rosenburg? Ohne Karin undenkbar. Und wenn der Anhaltische Besucherring Dessau nun schon zum wiederholten Mal eine Busreise zum Serenadenkonzert auf der Burg anbietet, ist Karin Keller die Cheforganisatorin vor Ort. Sie hatte den Besucherring für die Konzerte der MKP interessiert und so nicht nur die Burg, sondern auch das Hausorchester des Salzlandkreises überregional noch bekannter gemacht. Plätze im örtlichen Lokal reservieren, Parkplatz für den Bus sichern, fragen, ob alles in Ordnung sei – für Karin Keller alles eine Selbstverständlichkeit.
Karin Kellers ehrenamtliches Wirken ist auf so vielfältige Weise, an so vielen verschiedenen Orten maßgebend und vernetzend. Sie ist Ansprechpartnerin, Beraterin, Ideengeberin und stets auch Mitwirkende, in allen Funktionen und Tätigkeiten ein großer Gewinn für die Kulturlandschaft des Salzlandkreises. Den Begriff „Tausendsassa“ gibt es leider nur als Maskulinum. Für Karin Keller müsste er als Femininum erfunden werden. Eine mehr als gerechtfertigte Alternative ist der Kulturpreis des Salzlandkreises 2024 für Karin Keller.
Zum Kulturpreis des Salzlandkreises
Der Salzlandkreis ehrt das Engagement der Menschen, die die Kultur erhalten und bewahren. Seit 2013 wird der ► Kulturpreis verliehen, an Personen, Personengruppen und Institutionen, die sich in außergewöhnlicher Weise durch künstlerisches und kulturelles Wirken für soziale, räumliche und historische Identifikation der Menschen mit ihrer Heimat engagieren. Mit Satzungsänderung 2024 erfolgt die Vergabe alle zwei Jahre.
Der Kulturpreis wird vergeben in den Bereichen Literatur, Musik, Brauchtums- und Heimatpflege. Kriterien wie ehrenamtliches Engagement, Nachwuchsförderung oder das Lebenswerk werden dabei berücksichtigt.
Einwohner des Salzlandkreises können Vorschläge für Preisträger einreichen, für Personen und Institutionen, die im Salzlandkreis wohnen bzw. ihren Sitz haben oder die in besonderer Weise mit dem Landkreis verbunden sind.
Für den Kulturpreis 2024 war Einsendeschluss am 14. Mai 2024