Gerichtsentscheid zur Kreisumlage - Landrat Bauer fordert als Lösungsvorschlag Einrichtung eines Kommunalministeriums für Sachsen-Anhalt

„Wenn Kommunen gegen Kommunen klagen, ist das leider ein neuer Tiefpunkt, denn eigentlich haben wir ja dieselben Probleme, Vorstellungen und Interessen“, kommentiert Landrat Markus Bauer die Nachricht über das gestrige Verhandlungsergebnis. Vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg fand am Dienstag die mündliche Verhandlung im Verfahren Stadt Hecklingen gegen den Salzlandkreis zum Kreisumlagebescheid für das Jahr 2017 statt. Grundlage der Erhebung ist die vom Kreistag beschlossene Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2017.

Die Stadt Hecklingen vertrat die Auffassung, dass die Erhebung der Kreisumlage gegen den im Grundgesetz (Artikel 28 Absatz 2) garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung verstößt. Insbesondere unzureichende Beteiligung und Abwägung der Interessen der kreisangehörigen Kommunen wurden bemängelt. Der Salzlandkreis hingegen argumentierte, diesen Beteiligungs- und Abwägungsprozess hinreichend durchgeführt zu haben. Allein, ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren dazu existiert in Sachsen-Anhalt nicht. „Es gibt nur ein deutliches Zeichen von Strukturproblemen für die Finanzausstattung und deren rechtliche Ausgleichsregelungen von Gemeinden und Landkreisen im Land. Die kommunale Familie muss gemeinsam in die Situation versetzt werden, gleiche Lebensbedingungen und somit Chancengleichheit in der Region zu entwickeln. Damit wird deutlich, dass die Finanzausstattung klar geregelt werden muss, und nicht Kommunen aufgrund von Unklarheit in der Rechtsauslegung in Klageverfahren lenkt“, so Landrat Bauer.

Der vorsitzende Richter beim Verwaltungsgericht hob gestern den Umlagebescheid des Landkreises auf. Damit wird die ohnehin prekäre Finanzlage weiter verschärft, sofern es zu einem Ausfall der Zahlungsansprüche beziehungsweise zur Rückzahlung der in Streit stehenden Kreisumlagen für das Jahr 2017 kommen muss. Ob der Landkreis in die zulässige Berufung geht nach Abwägung aller Argumente, ändert insofern am Grundproblem wenig.  

In der Begründung zum Rechtspruch hieß es unter anderem, die Erhebung der Kreisumlage sei bereits deshalb rechtswidrig, weil wesentliche Verfahrens- und Beteiligungsrechte der umlageverpflichteten Städte und Gemeinden bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes nicht beachtet worden seien. Der Grundsatz finanziellen Gleichrangs der Interessen des Kreises und seiner Gemeinden spiegelte sich in der jüngeren Rechtsprechung wider und wurde auch in Magdeburg vorangestellt.

Genau damit trifft das Urteil eine Forderung, die auch Landrat, Landkreis und Kreistag seit Jahr und Tag erheben. Zur chronisch schlechten Finanzausstattung durch Bund und Land gesellen sich immer neue, zusätzliche Aufgaben ohne finanziellen Ausgleich. „Da werden in Magdeburg oftmals die Weichen so gestellt, dass wir als Landkreise und Gemeinden zwangsläufig aufeinander zu rasen und nicht - wie eigentlich gewollt - im Zugverband in die gleiche Richtung fahren“, findet Bauer ein Bild zur Beschreibung der entstandenen Situation. Als Beispiel kann die Anpassung der Finanzmittel nach der Landtagswahl genannt werden, in deren Folge nun die Landkreise zum Beispiel die Tariferhöhungen, die Auswirkungen des Unterhaltsvorschussgesetzes oder auch die erhöhten Schülerbeförderungsleistungen abfangen müssen. Weiterhin muss dringend geklärt werden, wie in der Zukunft Altfehlbeträge zu refinanzieren sind. „Es kann nicht sein, dass die Landkreise und Gemeinden Rechtsauslegungen nun allein ausbaden müssen“, vertritt der Landrat die kommunalen Interessen.

Denn, während im Zeitraum zwischen 2012 bis 2019 seine Aufwendungen für Pflichtaufgaben um 22,2 Millionen anwuchsen, gab es lediglich rund 4 Millionen Euro mehr Zuweisungen des Landes an den Salzlandkreis. Sie stiegen im Vergleichszeitraum von 61 auf 65 Millionen Euro. Seit Juli 2017 muss der Landkreis aber allein für die Transferleistungen wegen des geänderten Unterhaltsvorschussgesetzes zusätzlich 2,4 Millionen Euro bereitstellen. Er trägt auch 53 Prozent der Kosten der Kita-Pauschalen. Und die Kosten steigen. Oder die Auswirkungen der Tarifabschlüsse, sie belasten den Kreishaushalt mit 2,5 Millionen Euro zusätzlich. Das sind Beispiele für einen Aufwuchs, den der Landkreis nicht verantwortet. Deshalb und auch aufgrund des nun ergangenen Urteils wird er mit dem Land nach Lösungsmöglichkeiten suchen müssen.

„Daher fordere ich, dass die Kommunen einen dauerhaften Platz am Kabinettstisch erhalten“, wird Markus Bauer konkret. „Ich fordere die Einrichtung eines Kommunalministeriums in Sachsen-Anhalt nach der nächsten Landtagswahl. Wir - die Kommunen - und das Land müssen wieder einen gemeinsamen Weg finden. Wir brauchen eine Art großes Rathaus, welches in Magdeburg die kommunalen Interessen so vertritt, dass wir zukünftig in die gleiche Richtung denken und fahren."

Die Regionen gestalten gemeinsam unser Bundesland. Sie brauchen Chancengleichheit. Überall.

 

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